act legal Germany (AC Tischendorf Rechtsanwälte) 7. Juni 2022

Wichtige Änderungen beim Nachweisgesetz – was bei jedem Arbeitsvertrag jetzt zu beachten ist

Worum geht es?

Das bis jetzt weitestgehend unbekannte Nachweisgesetz wird durch seine am 1. August 2022 in Kraft tretende Änderung zwangsläufig auf dem Schreibtisch jedes deutschen Arbeitgebers landen. Deutschland ist als EU-Mitgliedsstaat verpflichtet, spätestens bis zum 31. Juli 2022 die Richtlinie (EU) 2019 / 1152 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union in deutsches Recht umzusetzen. Der deutsche Gesetzgeber hat Anfang Mai dieses Jahres einen entsprechenden Gesetzesentwurf – unter anderem zur Änderung des Nachweisgesetzes, des Teilzeit- und Befristungsgesetzes und des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes vorgelegt, der am 1. August 2022 in Kraft treten soll.  Bislang hatte die Nichtbeachtung des Nachweisgesetzes kaum eine praktische Relevanz, weil auch mündlich vereinbarte Arbeitsverträge nicht aufgrund des Verstoßes gegen das Nachweisgesetz unwirksam waren. Nach dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzesentwurf drohen nunmehr bei Verstößen gegen das Nachweisgesetz weitergehende Rechtsfolgen und Bußgelder, weswegen Arbeitgeber ihre Musterverträge unbedingt überprüfen und anpassen sollten.

Was bezweckt der Gesetzgeber mit der Änderung?

Die Neuregelungen dienen dem Schutz der Mitarbeiter*innen im Unternehmen und sollen noch mehr Transparenz bei den geltenden Arbeitsbedingungen schaffen.

Was ist neu?

Arbeitgeber müssen ihre Mitarbeiter*innen künftig bei Neuabschluss eines Arbeitsvertrages unter anderem über die Details der Vergütung, der Probezeit, der Arbeitszeit, der Ruhepausen, der Beendigung und der Möglichkeit eine Kündigungsschutzklage zu erheben, informieren. Arbeitnehmerüberlassungen und Befristungen sind zudem zu begründen. Diese Informationspflicht gilt gleichermaßen auch für bereits bestehende Arbeitsverträge, wenn diese geändert werden oder wenn die Mitarbeiter*innen den Ihnen nunmehr per Gesetz zustehenden Informationsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen. Diesen Informationsanspruch muss der Arbeitgeber innerhalb einer Frist von 7 Tagen transparent und schriftlich (!) gegenüber den Mitarbeiter*innen erfüllen. Bei Nichtbeachtung oder unvollständiger Information drohen pro Einzelfall Bußgelder in Höhe von bis zu EUR 2.000,00.

Was genau ist ab dem 1. August 2022 bei der Erstellung von Arbeitsverträgen zu beachten?

Während die Vergütung bislang pauschal, d.h. inklusive aller Zuschläge wie z.B. Prämien, Sonderzahlungen und Überstunden angegeben werden konnte, müssen ab dem 1. August 2022 alle Vergütungsbestandteile getrennt im Arbeitsvertrag aufgeführt werden.

Bisher musste lediglich die Arbeitszeit im Vertrag festgehalten werden. Ab dem 1. August 2022 müssen auch Ruhepausen, Schichtbetrieb, Schichtsystem, Schichtrhythmus und die geltenden Voraussetzungen für eine Schichtänderung festgehalten werden. Ob hierfür ein pauschaler Verweis auf bestehende Betriebsvereinbarungen ausreicht, ist unklar.

Entgegen der bisherigen Praxis muss sogar schriftlich festgelegt werden, unter welchen genauen Voraussetzungen Überstunden angeordnet werden.

Besonders herausfordernd ist die neu vorgesehene Verpflichtung der Arbeitgeber, ihre Mitarbeiter*innen im Arbeitsvertrag über das Kündigungsverfahren und die Möglichkeit zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage zu unterrichten. In diesem Zusammenhang stellen sich Fragen mit Blick auf die Anhörungspflichten von Betriebsrat und Schwerbehindertenvertretung, Betriebsänderungen, Massenentlassungsanzeigen, behördlichen Zustimmungsverfahren, usw.

Aber auch im Zusammenhang mit Befristungen und Arbeitnehmerüberlassungen ergeben sich zukünftig neue Pflichten des Arbeitgebers. Künftig wird der Arbeitgeber auf ein entsprechend signalisiertes Interesse befristet beschäftigter Mitarbeiter*innen bzw. Leiharbeiter*innen nach einer Überlassungsdauer von sechs Monaten innerhalb einer Frist von einem Monat in Textform begründen müssen, warum das befristete Arbeitsverhältnis beziehungsweise das Leiharbeitsverhältnis nicht in ein unbefristetes, festes Anstellungsverhältnis umgewandelt wird.

Was ist jetzt zu tun?

Arbeitgeber sind gut beraten, ihre bestehenden Arbeitsvertrags-Templates für die Zukunft entsprechend anzupassen und ein sorgfältig vorbereitetes Standard-Informationsschreiben zur Wahrung der 7-Tagesfrist vorzuhalten, da im Falle einer nicht fristgerechten oder unvollständigen Informationserfüllung je Einzelfall Bußgelder in Höhe von bis zu EUR 2.000,00 drohen.

Für mehr Informationen, kontaktieren Sie bitte

Dr. Nina Bogenschütz

Rechtsanwältin
act legal Germany AC Tischendorf Rechtsanwälte Frankfurt, Germany
Telefon: +49 69 24 70 97 36

Dr. Stephan Schwilden, MBA

Rechtsanwalt
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